Die Lehre des Ptahhotep

Beginn der Sprüche der Schönen Rede,

die ... der Wesir Ptahhotep verfasst hat,

so dass er den Unwissenden zum Wissenden erziehe

und zu den Regeln der Schönen Rede,

zum Segen für den, der sie beherzigen wird;

ein Schaden für den, der dagegen verstößt.

Und folgendermaßen sprach er zu seinem Sohn:

I.

Sei nicht aufgeblasen wegen deines Wissens,

besprich dich mit dem Unwissenden so gut wie mit dem Wissenden.

Nie erreicht man die Grenze der Kunst,

es gibt keinen Künstler, der Vollkommenheit erlangte.

Die Schöne Rede ist verborgener als frischer Malachit (im Bergwerk),

doch kann man sie finden bei den Mägden über dem Mahlstein.


II.

Wenn du im Dienst einem Gesprächspartner begegnest,

einem selbstsicherem Mann und angesehener als du,

dann beuge deinen Arm (grüße) und neige deinen Rücken.

Wenn du dich geringschätzig gegen ihn verhältst, dann

wird er dir niemals mehr zustimmen.

Spiel's herab, wenn er üble Reden führt,

und widersetz dich nicht, wenn er in Rage kommt.

Er wird ein Ungebildeter genannt werden,

und deine Selbstbeherrschung hat seinen Wortschwall besiegt.


III.

Wenn du im Dienst einem Gesprächspartner begegnest,

einem, der dir gleichgestellt ist und gleichrangig,

dann erweise deine Überlegenheit durch Schweigen,

wenn er üble Reden führt.

Es wird bei den Zuhörern viel Gerede (gegen ihn) aufkommen,

aber dein Name wird im Bewusstsein der Hofleute angesehen sein.


IV.

Wenn du im Dienst einem Gesprächspartner begegnest,

einem geringeren, der dir nicht gleichrangig ist,

dann greif ihn nicht an, weil er gering ist.

Lass ihn in Ruhe, er wird sich selber bekämpfen.

Gib ihm nicht Antwort, nur um dein Herz zu erleichtern.

Schaffe dir auch nicht Genugtuung, wenn er dein Gegner sein sollte;

niederträchtig ist, wer einem Armseligen schadet.

Man wird ohnehin deinen Willen tun,

und du schlägst ihn dadurch, dass ihn die (höheren) Beamten zurechtweisen.


V.

Wenn du ein Mann in leitender Stellung bist,

der die Lebensverhältnisse für viele zu regeln hat,

dann bemühe dich jeweils um gewissenhafte Behandlung,

so dass dein Verhalten ohne Tadel ist.

Groß ist die Ma'at, und dauernd ihre Wirkung.

Sie ist nicht verwirrt worden seit der Zeit (ihres Begründers) Osiris.

Man bestraft (im Jenseits) den, der ihre Gesetze übertritt,

doch nach der Meinung des Habgierigen liegt das (Jenseitsgericht) in weiter Ferne.

Gemeinheit rafft zwar alle Schätze zusammen,

aber noch nie ist das Unrecht ans Ziel gelangt.

Am Ende bleibt allein die Ma'at.

(Nur) dann kann ein Mann sagen: "Dies ist meines Vaters Habe."


(Maat: ewige göttliche Weltenordnung, auch Schicksalsgesetz)

VI.

Halte die Menschen nicht in Schrecken vor dir,

Gott straft mit Gleichem.

Sagt sich ein Mann: "Ich werde davon leben",

dann büßt er durch dieses Wort sein Brot ein ...

Denn nie führt es zum Erfolg, wenn man Menschen in Schrecken hält,

sondern was Gott befiehlt, das geschieht.

Trachte allein danach, zufrieden zu leben.

Was die Götter geben, kommt von selbst.


VII.

Wenn du Gast bist am Tische eines,

der größer ist als du,

dann nimm an, was er dir gibt, wenn es dir vorgelegt wird.

Schau nur auf das, was vor dir liegt

und schieße nicht nach ihm (dem Gastgeber) mit vielen Blicken.

Es ist ein Abscheu für den Ka, wenn man ihn stört.

Rede ihn nicht an, bis er das Wort ergriffen hat,

man weiß ja nie, was ihm das Herz bedrückt...

(KA: Sitz der Lebenskräfte, der rhythmischen Körpervorgänge und der Gewohnheiten)

VIII.

Wenn du ein Vertrauensmann bist,

den ein Großer zu einem anderen Großen schickt,

dann sei völlig zuverlässig, wenn er dich sendet.

Führe seinen Auftrag für ihn so aus, wie er ihn gesagt hat.

Hüte dich aber, mit (deinen) Worten etwas zu verschlimmern,

so dass du einen Großen gegen einen anderen Großen aufbringst.

Halte dich zwar an die Wahrheit, aber übertreibe sie nicht,

Herzwaschungen wiederholt man nicht.

Rede überhaupt nicht über jemanden,

weder über Hoch noch Niedrig - das ist dem Ka ein Greuel.


IX.

Wenn du pflügst und es auf dem Felde gut wächst

und Gott dir reichlich zuteilt,

dann brüste dich nicht vor den Nachbarn.

Nur der Zurückhaltende genießt Hochachtung.

Ein Mann von Charakter, der zugleich reich ist,

setzt sich in der Verwaltung durch wie ein Krokodil.


Sei nicht überheblich gegenüber dem Kinderlosen,

verachte (ihn) nicht deswegen und brüste dich nicht (mit deinen Kindern).

Es gibt manch kummervollen Vater

und manche Mutter, die geboren hat, aber weniger zufrieden ist als eine andere (ohne Kinder).

Gott kümmert sich besonders um den Einsamen,

während der Vater einer großen Sippe (manchmal) um Beistand bitten muss.


X.

Wenn du gering bist, so diene einem Erfolgreichen,

dann mag deine Sache gut stehen bei Gott (dem König).

Erinnere dich nicht an seine etwaige niedrige Stellung von früher,

und sei nicht überheblich gegen ihn,

weil du seine frühere Lage kennst.

Hab vielmehr Achtung vor ihm, weil ihm dies(es Emporkommen) widerfahren ist.

Denn keine Habe kommt ja von selbst -

es entspricht ihrem (der Götter) Gesetz für den, an dem sie Wohlgefallen haben.

Hat einer Überfluss, so hat er ihn zwar selber zusammengebracht,

doch Gott allein hat ihn erfolgreich gemacht.

Er schützt ihn, auch wenn er schläft.


XI.

Folge deinem Herzen, solange du lebst,

und tue nicht mehr, als was man verlangt.

Verkürze nicht die Zeit des Vergnügens,

denn es zu schmälern, ist dem Ka ein Abscheu.

Vertue nicht die Zeit mit täglichen Besorgungen

über das Bestellen deines Haushaltes hinaus.

Ist Wohlstand erreicht, folge dem Herzen,

Wohlstand ist nichts Vollkommenes, wenn man abgeschafft ist.


XII.

Wenn du ein angesehener Mann bist,

dann beschaffe dir einen Sohn, um Gott geneigt zu machen.

Wenn er gerade ist und in deine Art schlägt

und für dein Wohlergehen in rechter Weise sorgt,

dann erweise ihm alles Gute.

Denn dann ist er dein Sohn, von deinem Ka gezeugt,

dann wende dich nicht ab von ihm.

Doch wenn ein Nachkomme - Zwietracht stiftend -

in die Irre geht und deine Weisungen übertritt,

sich allem widersetzt, was (ihm) gesagt wird,

und er gemeine Reden führt, dann lass ihn (niedere) Dienste tun,

denn wie sein Mund ist sein Wesen.

Wer gegen dich handelt, den haben die Götter verworfen,

sein Verderben ist schon im Mutterleib verhängt.

Wen die Götter leiten, der kann nicht fehlgehen,

aber wen sie schifflos lassen, der findet keine Überfahrt.


XIII.

Wenn du in einem Vorzimmer bist,

dann steh oder sitze, wie es dir zusteht,

und wie es dir vom ersten Tag an beigebracht worden ist.

Dränge dich nicht vor, sonst wirst du zurückgestoßen.

Der Vertrauensmann, der anmeldet, prüft mit scharfen Augen,

und wer hineingerufen wird, findet (ohnehin) breiten Durchgang,

das Vorzimmer hat seine feste Ordnung,

und jeder Ablauf geht nach Vorschrift.

Gott (der König) ist es, der einen befördert,

mit den Ellbogen erreicht man nichts.

XVII.

Wenn du ein Beamter in leitender Stellung bist,

dann höre die Worte des Bittstellers geduldig an,

weise ihn nicht ab, ehe sein Leib ausgekehrt ist

von allem, was er dir sagen wollte.

Wer Kummer hat, will lieber sein Herz erleichtern,

als dass sein Anliegen erfüllt wird.

Wer Bitten abweist,

von dem sagt man: "Weshalb lehnt er sie ab?"

Nicht alles, worum einer bittet, kann gewährt werden,

aber allein Gut-Zuhören tut dem Herzen wohl.


XVIII.

Wenn du eine Freundschaft erhalten willst

in einem Hause, zu dem du Zutritt hast,

sei es als Vorgesetzter, als Kollege oder Freund,

wo immer du verkehrst,

hüte dich, den Frauen nahezutreten!

Nicht gut ist ein Ort, wo solches geschieht.

Keiner bleibt besonnen, wenn sie (dir Frauen) ihre Fallen stellen,

und Männer werden zu Tausenden abgelenkt von dem, was ihnen frommt.

Ein kleiner Augenblick - einem Traume gleich -

und man muss sterben, weil man sie erkannt hat...


XIX

Wenn du willst, dass deine Lebensführung gut sei,

dann mache dich frei von allem Bösen:

Hüte dich (vor allem) vor der Verführung zur Habgier,

sie ist eine schlimme, unheilbare Krankheit,

sie lässt kein Vertrauen aufkommen.

Sie entzweit Väter und Mütter

mit den Brüdern der Mutter,

sie trennt die Frau vom Manne.

Sie ist ein Ausbund von allem Übel,

ein Sackvoll von allem Hassenswerten.

Nur der besteht, dessen Grundsatz die Ma'at ist

und der (diesen) seinen Weg unbeirrt geht.

Der kann (auch)) sein Vermögen vererben.,

aber für den Habgierigen gibt es (nicht einmal) ein Grab.

XX.

Sei nicht habgierig bei der Erbteilung,

begehre nichts über deinen Anteil hinaus;

sein nicht habgierig gegenüber deiner Verwandtschaft,

dir Forderung eines Sanften setzt sich besser durch als die eines Groben.

Arm ist der dran, der seine Verwandtschaft (deswegen) meiden muss,

er bleibt (zeitlebens) ohne Ansprache.

Nur einen kleinen Gegenstand, der Habgier zum Trotz, fahren lassen,

verwandelt einen streitsüchtigen Menschen in einen liebenswürdigen.


XXI.

Wenn du angesehen bist und einen Hausstand gegründet hast

und deine Frau aufrichtig liebst,

dann fülle ihren Leib (mit Speise) und kleide ihren Rücken,

Hautöl ist Balsam für den Körper.

Erfreue ihr Herz, solange du lebst,

sie ist ein fruchtbarer Acker für ihren Herrn.

Streite nie mit ihr vor Gericht,

und vermeide, dass sie Macht bekommt...

So ist sie treu in deinem Hausstand...


XXIII.

Du sollst keine Verleumdung weitergeben,

sollst sie nicht einmal anhören,

denn sie entspringt dem Hitzigen.

Gib nur weiter, was du selbst gesehen, nicht nur gehört hast.

Ist es (das Beobachten) nicht der Rede wert, sage lieber gar nichts...

Verleumdung ist wie ein (böser) Traum, vor dem man das Gesicht verhüllt.


XXIV.

Wenn du ein tüchtiger Mann bist,

der im Rate seines Herrn sitzt,

dann richte deinen Sinn auf Ertüchtigung.

Schweigen ist besser als Schwätzen.

Rede nur, wenn du die Lösung weißt.

Nur ein Meister sollte im Rate reden.

Reden ist schwieriger als jedes andere Werk,

aber wer sich darauf versteht, kann es sich dienstbar machen.


XXXIV.

Sei großzügig, solange du lebst,

auch wenn das, was das Vorratshaus verlassen hat, nicht zurückkehrt.

Um die Nahrung, die zur Verteilung kommt, reißt man sich.

Der mit leerem Magen wird zum Ankläger,

der Benachteiligte zum Widersacher -

mache nicht einen, der dir auf den Leib rückt.

Die Erinnerung an einen Mann ist (seine) Güte...

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